Das zweite Buch von Axel Petermann, sogenannter Profiler der Bremer Kripo, mit einem ähnlichen Titel, nach "auf der Spur des Bösen" jetzt " im Angesicht des Bösen".
Auch dieses Buch wird wohl ein Bestseller, gegenwärtig boomt der Krimimarkt mit der Darstellung realer Fälle und Verhältnisse und deren Bearbeitung, Aufklärung der Kriminalpolizei, Gerichtsmedizin, Recht usw.
Millionenauflage gab es für die Darstellungen des Anwaltes Ferdinand von Schirach von Fällen aus seiner Praxis mit den knappen Titeln "Verbrechen" und "Schuld". Erst im dritten Buch "Der Fall Collini" wird der
Hintergrund von Verbrechen im 2.Weltkrieg als Roman beschrieben, eine Annäherung an die Familiengeschichte, der Großvater des Autors war bekannter Minister im 3.Reich.

Bekannt unter dem Titel "Homicide" sind aus der Großstadt Baltimore an der Ostküste der USA die Arbeit der Mordkommission, begleitet von einem Journalisten, und die Darstellung in der spektakulären TV-Serie "the wire". Bei 300 Morden in dieser Stadt fast alle unter Schwarzen in heruntergekommenen Stadtteilen stellen sich natürlich Fragen.

Interessant sind Übergänge, wenn ein realer Gefängnisarzt Jo Bausch auch TV-Tatortmediziner spielt und ein Buch über seine Arbeit schreibt.

Das Buch von Petermann ist gut geschrieben, die Arbeit des Profilers, die Suche nach dem "Wie" und "Warum" von Tat und Täter, die Fälle aus Bremen sind nicht nur für Bremer Leser interessant. Der Kriminalist nimmt auch deutlich Anteil an der menschlichen Seite, wieso mordet jemand? In der Regel sind wir interessiert an Mord und Totschlag, weil wir glauben, selber normal nicht Täter zu werden und Einblicke in eine andere Welt haben wollen, meinetwegen auch in Welten des Verbrechens, die nur allzu real sind, wechselseitige Übergänge von Politik und Verbrechen.

Für mich bleiben 2 Bereiche in all diesen Büchern sehr bedenkenswert,
1. die literarische Darstellung,
2. dann insbesondere hier zweimal das Böse im Titel.
Die normale Darstellung bleibt rein fachlich und wird dann schnell langweilig, nur professionell interessant. Es sei denn wie bei Petermann, es kommt eine literarische Bearbeitung hinzu. Erzeugung von Spannung, Betonungen, Auslassungen,Widersprüche menschlichen Verhaltens. Anregung der Phantasie des Lesers durch interessante Figuren, alles was gute Romane auszeichnet. von Schirach, s.o.betont sein Interesse selber Literatur zu erzeugen, so ist das dritte Buch mehr Fiktion, es lässt aus meiner Sicht daher deutlich nach.

Petermann dankt einer ganzen Reihe von Menschen für die Mitarbeit, Teamarbeiter selbstverständlich, aber auch Journalisten und 'Verlagsarbeiter, manchmal erscheinen mir auch hier deren Absichten allzu deutlich. Spannung wird erzeugt, das Geheimnis in Menschen wird betont. Dies wirkt mir hier allzu literarisch, eben künstlich.

Bleibt das Böse, eigentlich eine Glaubensangelegenheit, Petermann will deutlich machen, dass er trotz seiner fast lebenslangen Befassung mit Kriminalität nicht beantworten kann, warum und wieso "seine" Menschen zu
Mördern werden. Es bleibt etwas Geheimnisvolles zurück. Es ist auch eine Prävention gegen das Bemühen Handlungsweisen zu verstehen und letztendlich Menschen zu entschulden. Aber auch so landet man in dem Zirkelschluss,
Menschen tun Böses, weil sie böse sind. Das teuflische Wirken in Menschen ist eben übermächtig. Wie gesagt, das sind Glaubensfragen. Insbesondere in Buch- Titeln über reale Kriminalität haben sie eigentlich nichts zu suchen.

Wilfried Grünhagen April 2012

Im Angesicht des Bösen

Mensch + Gesellschaft
Kindler, 320 Seiten
14,95 €
978-3-463-40610-7